Juni 23: Flat und Bowl, Grind und Slide, Curb und Rail: Wer mit diesen Begriffen etwas anfangen kann, war am Wochenende auf der Gartenschau in bester Gesellschaft. Am Samstag fand dort der erste Balinger Skatejam statt, eine offene Skatesession mit Livemusik. Das Event zog zahlreiche Teilnehmer aus ganz Baden-Württemberg und darüber hinaus an, darunter auch einige der (noch) rar gesäten jungen Skateboarderinnen.

Cash for Tricks: 1. Balinger Skatejam ist ein Mega­erfolg

Das Skateboard erreicht die ebene Fläche, hebt vom Boden ab und dreht sich in der Luft um die eigene Achse, bevor die vier Rollen sauber wieder aufsetzen. Auf dem Brett steht die 15-jährige Sophia, und der Trick, den sie soeben gezeigt hat, nennt sich Kickflip. Was bei dem Teenager so lässig-gekonnt aussieht, erfordert viel Übung und Ausdauer sowie eine hohe Frustrationstoleranz. Das muss man wollen – und Sophia ist mit vollem Herzen dabei. Sie ist aus Ravensburg angereist, um an diesem Tag dabei zu sein und sich mit den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf der 1.000 Quadratmeter großen Skateanlage im Aktivpark zu messen.

Kein Weg ist zu weit

Mit ihr skaten ihre Freundinnen Zoe, 18, und MinhThi, 18, die eine noch längere Anreise hinter sich haben: Zoe kommt aus Gelnhausen bei Frankfurt, MinhThi aus Offenbach. Kein Katzensprung nach Balingen, aber das ist es den dreien wert, und das nicht nur wegen des Erlebnisses. „In der Szene gibt es leider nicht so viele Mädchen“, erzählt Zoe. „Deshalb reisen wir gerne auch weiter an, um andere Skaterinnen kennenzulernen und mit ihnen Spaß zu haben und zu üben.“ Sie selbst haben sich bei einem Skatecamp in Berlin kennengelernt, inzwischen ist ihre Gruppe auf sechs Mädchen angewachsen – fünf von ihnen kommen aus Deutschland, eine aus der Schweiz. „Die Vorstadt-Skater“ nennen sie sich.

MinhThi, Zoe und Sophia stehen mit ihren Skateboards vor einer bunt besprühten Wand im Aktivpark
Die drei Skateboarderinnen (v. l.) MinhThi, Zoe und Sophia im Aktivpark (Bild: Paul Bossenmaier)

Am Samstag waren sie nicht die einzigen Skateboarderinnen, die sich auf der Anlage tummelten, die Mehrheit der insgesamt 72 Teilnehmer war aber männlich. Abschrecken lassen sich die Mädchen davon nicht – sie haben ihre Leidenschaft gefunden und wollen auf jeden Fall dranbleiben. Der Frauenanteil werde langsam größer, und sie freuten sich über die Unterstützung, die sie erfahren, auch von männlichen Skatern, wie sie ausdrücklich betonen. Vor allem die alten Hasen in der Szene seien es, die den weiblichen Nachwuchs ermutigen. Einer von ihnen ist Manuel Strauch. Der Inhaber des Balinger HiLight-Shops hat den Skatejam im Aktivpark initiiert, geplant und umgesetzt, unterstützt vom Frommerner Unternehmen Weiss Technik. Über einen gemeinsamen Kontakt wurde er auf Sophia aufmerksam und lud sie ein, zum Event zu kommen. Denn: „Das Skateboarding braucht mehr Mädels, vor allem aktive Mädels, die sich trauen, mit dem Sport anzufangen.“

Skater bewerten sich gegenseitig

Sein Können konnte am Samstag jeder zeigen, unabhängig von Geschlecht, Alter und Skill-Level. Anders als bei einem klassischen Skate-Wettbewerb gibt es bei einem Skatejam keine Jury, stattdessen galt das Motto „Cash for Tricks“: Die Teilnehmer drückten ihre Anerkennung für die Fahrkunst der anderen aus, indem sie untereinander die vom HiLight extra gedruckten „Contest Dollars“ verteilten. Auch das Publikum bekam hier und da Dollarscheine zugesteckt und durfte seine Favoriten für spektakuläre Tricks belohnen. Die ergatterten Dollars konnten später im HiLight-Zelt an der Anlage gegen Preise eingetauscht werden, wie Bekleidung und Equipment von namhaften Skatemarken.

Zu sehen ist Sophia, die mit ihrem Brett in die Luft springt
Sophia in Aktion (Bild: Paul Bossenmaier)

Der Jüngste ist 4, der Älteste 49
Ausgelobt waren außerdem drei ausgefallene Pokale. Einen gab es für die längste Anreise – darüber konnte sich Zoe freuen –, einen für den „Hardest Bail“, also den schlimmsten Sturz – dieser Pokal fand am Samstag glücklicherweise keinen neuen Besitzer. Der „Ripping Dinosaur“ ging an den ältesten teilnehmenden Skater. Der war 49 Jahre alt, natürlich ein Balinger Skate-Urgestein und teilte sich die Anlage einträchtig mit dem jüngsten Teilnehmer, dem 4-jährigen Janne aus dem Kreis Reutlingen. Eine Menge Spaß hatten beide, genau wie alle anderen, die gekommen waren, um die Skatejam-Premiere auf der Gartenschau zu erleben. „Wir hatten ein echt gutes Event auf der Anlage, für die Rider genauso wie für die Zuschauer“, zieht Manuel Strauch sein Fazit. „Die Stimmung war unglaublich positiv und es kamen weit mehr Skater, als wir erwartet hatten.“

Der neue Skatepark kommt an

Viel Lob gab es indes nicht nur für die Veranstaltung, auch die Anlage trifft einen Nerv, wie Strauch weiß: „Der Bau des neuen Skateparks war absolut richtig. Die Balinger Skater feiern das Ding komplett und es kommen auch viele von weiter her, damit sie hier skaten können. So ein Angebot hat in der Region gefehlt.“ Apropos feiern, Gelegenheit dazu gab es am Samstag noch bei der After Party: Auf der angrenzenden Jugendhaushausbühne traten die Balinger Band „Eure Wunden“ und „DogGod“ aus Tübingen auf. 

Wer den Skatejam verpasst hat und neugierig geworden ist, hat am 16. September noch mal die Chance zum Mitmachen oder Zuschauen, denn dann findet die zweite Auflage auf der Gartenschau statt.

Zum Video vom Skatejam