Juli 23: Die 200 Quadratmeter große Betonfläche, die sich an der Innenseite des Skateparks entlangzieht, ist nicht mehr wiederzuerkennen. Streetart-Künstler haben ihr für das Gartenschauprojekt „Die Wand“ ihren farbenfrohen Stempel aufgedrückt oder besser gesagt: aufgesprüht. Der initiierende Verein FREIRaum Balingen kreativ e. V. hat jetzt den „most inspiring artist“ gekürt.

DIE WAND ist bunt: FREI­Raum kürt das inspirie­rendste Streetart-Kunstwerk

Knapp fünfzig Leute scharen sich um den Zugang zur Skateanlage im Aktivpark. Im Hintergrund wird geskatet, auf der angrenzenden Jugendhausbühne läuft der Soundcheck mit den Bands, die wenig später beim Nostalgie-Abend auftreten werden. Die Atmosphäre stimmt, als Vertreter von FREIRaum gemeinsam mit Annette Stiehle, technische Geschäftsführerin der Gartenschau, die Finissage eröffnen. Und die Spannung steigt, denn nun, da alle Graffitis an der Wand vollendet sind, stellt sich die große Frage: Welcher der beteiligten Streetart-Künstler hat das inspirierendste Kunstwerk geschaffen – Matze (Mad Matze) Bartl, Jonas (Milo) Seif, Alex B., Lutz (Yess) Stein, Romulo Kuranyi, Janosch Müller oder Christoph (Jeero) Ganter? Alle sieben stellen sich zunächst noch einmal persönlich dem Publikum vor, dann heißt es endlich: „Der most inspiring artist ist … Janosch Müller!“

Zwei Mädchen stehen mit einem Eis in der Hand vor dem Bubble-Graffiti von Janosch Müller
Das prämierte Kunstwerk: die Bubble von Janosch Müller (Bild: Bossenmaier)

Sonderpreis für besondere Kreativität

Janosch Müller ist der Jüngste unter den Sprayern. Er studiert Kunst und intermediales Gestalten an der ABK Stuttgart und hat seine Wurzeln im klassischen Graffiti; inzwischen liegt sein Schwerpunkt auf abstrakter Gestaltung. Sein Kunstwerk für die Wand am Skatepark entwickelte er aus einer groben Skizze und dem Spiel mit Räumlichkeit – entstanden ist eine gigantische Bubble in leuchtenden Blau- und Rottönen, die dem Betrachter förmlich entgegenspringt. FREIRaum Balingen kreativ würdigt diese kreative Arbeit mit einer Prämie in Höhe von 1.000 Euro und überreichte Janosch Müller dazu eine metallene Nachbildung der Wand im Kleinformat als Erinnerungsstück, gestiftet von der Amtec Swiss. „Janoschs Werk lässt Raum für individuelle Interpretationen und Erfahrungen. Der Betrachter wird eingeladen sich eigene Gedanken zu machen, seine Vorstellungskraft wird geweckt.“, sagt Hanna Keul von FREIRaum. „Unser Dank gilt heute auch der Stadt Balingen, die mit ihrer Unterstützung Wertschätzung und Achtung für diese Form der Kunst zeigt – nicht erst seit diesem Projekt, sondern schon zuvor mit der Gallery23 und dem sozialen Kunstwerk ‚Freundliches Balingen‘.“

Zu sehen sind Hanna Keul & Bernhard Jung von FreiRaum kreativ, Romulo Kuranyi, Christoph (Jeroo) Ganter, Jonas (Milo) Seiff, Janosch Müller, Alex B., Matze (Mad Matze) Bartl, die Schöpferin der neuen Kunstbroschüre von FreiRaum kreativ und Annette Stiehle, technische Geschäftsführerin Gartenschau
Applaus für Janosch (v. l.): Hanna Keul und Bernhard Jung von FreiRaum kreativ, Romulo Kuranyi, Christoph (Jeroo) Ganter, Jonas (Milo) Seiff, Janosch Müller, Alex B., Matze (Mad Matze) Bartl, die Schöpferin der neuen Kunstbroschüre von FreiRaum kreativ und Annette Stiehle, technische Geschäftsführerin Gartenschau (Bild: Bossenmaier)

Mit der Fertigstellung der Wand ist die Gestaltung des Areals abgeschlossen und mit dem Ergebnis ist man auch auf städtischer Seite hochzufrieden. „Die Künstler haben tolle Arbeit geleistet, wir sind begeistert von der Qualität, die sie hier geschaffen haben“, so Annette Stiehle. „Ein großes Dankeschön für dieses unglaubliche Gesamtkunstwerk, auch an FREIRaum, ohne deren Engagement und Einsatz das so nicht möglich gewesen wäre.“ Wer mehr darüber erfahren wollte, wie die Streetart-Kunstwerken entstanden sind, konnte beim abschließenden Meet and Greet noch mit den Künstlern ins Gespräch kommen, mehr über ihre Techniken erfahren und Fragen stellen.

Die Hintergründe

Nicht nur zweckmäßig, auch schön anzuschauen sollte sie sein, die Lärmschutzwand am neuen Balinger Skatepark. Und was passt besser zu einer solchen Anlage als viel bunte Farbe? Nachdem FREIRaum Balingen kreativ das Projekt ins Leben gerufen und einen Aufruf gestartet hatte, galt es – gemeinsam mit einer Fachjury – aus rund dreißig Bewerberinnen und Bewerbern auszuwählen. Die ausgesiebten Sieben hatten neben ihrer professionellen Arbeit alle eine Gemeinsamkeit: Sie fielen durch einen lebhaften Stil auf. „Wir wollen die Jugend ansprechen und haben deshalb bei unserer Auswahl das Augenmerk auf Künstler gelegt, die bunt und poppig agieren, genauso bunt wie die Gartenschau und unsere Gesellschaft sein sollen“, erläuterte Hanna Keul, Vorsitzende des Vereins, seinerzeit das entscheidende Kriterium. Jedem der Künstler wurde daraufhin ein Abschnitt der Wand zur freien Gestaltung überlassen. Am 9. Mai, wenige Tage nach der Eröffnung der Gartenschau, begannen sie mit ihrer Arbeit, seitdem konnten die Besucher live beobachten, wie der graue Beton Stück für Stück unter fröhlichen Farbschichten verschwand.

Mehr über das Projekt